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Exkursionszeit! Bei Pfeifer & Langen in Jülich

Wir merken uns 10% von allem, was wir hören, und 20% von allem, was wir hören und sehen. Wie viel merken wir uns wohl, wenn wir es zudem schmecken und riechen können? Eine Gelegenheit zu einer solchen Studie hätte sich wohl bei unserer Exkursion zu der Zuckerfabrik Pfeifer & Langen ergeben.

Die Industrieklasse 138 hat sich neugierig auf den Weg gemacht, einen der größten Zuckerhersteller Europas zu besuchen. Dort wollten wir hautnah erleben, wie die Theorie aus dem Unterricht wohl in der Praxis umgesetzt wird. Nach unserem Besuch der Ford-Werke in Köln im letzten Jahr wussten wir ja schon ein wenig über Fließbandfertigung und haben Schweißroboter und riesige Stanzen im Einsatz gesehen. In der Zuckerfabrik konnten wir jetzt mal eher chemische Verfahrenstechniken bestaunen.

Aber von Anfang an: Donnerstagmorgen trafen wir uns um 9:00 Uhr auf dem Besucherparkplatz der Pfeifer & Langen Zuckerfabrik in Jülich. Schon jetzt war klar: Das Gelände riecht nicht grade nach Plätzchenbackstube. An der Anmeldung bekamen wir grüne Warnwesten, die uns als Besucher auswiesen, damit auch niemand verloren geht. Herr Südermann, ein jahrzehntelanger Mitarbeiter des Standortes, befindet sich zwar im Ruhestand, aber so ganz konnte er sich nicht von seinem alten Arbeitgeber trennen. Inzwischen führt er nämlich Besucher wie uns über das Gelände. Er hat uns zunächst einmal alles Wichtige zum Unternehmen, zum Herstellverfahren und zu den Endprodukten erzählt.

Pfeifer & Langen ist ein seit 1870 bestehendes Familienunternehmen mit Niederlassungen in ganz Europa. Die meisten kennen sie wohl unter den Markennamen Kölner Zucker oder Diamant Zucker. Oder durch ihren Gelierzucker. Oder den Eiszauber? Spätestens beim Markenzeichen hat aber jeder die Firma erkannt: Die zwei Domspitzen in Zuckerhutform verraten noch heute die Gründungsstätte Köln. Und dank der fortschrittlichen Herstellprozesse, die die Gründer erfanden, ist Zucker seit dem 19. Jahrhundert auch kein Luxusgut mehr.

Dann sind wir einfach dem Weg des Zuckers gefolgt. Täglich werden in Jülich zwischen 15.000 und 16.500 Tonnen Zuckerrüben verarbeitet. Diese werden während der Saison, fachmännisch Kampagne genannt, von über tausend Bauern der Region geliefert. Die Rüben werden gewogen, gewaschen  und zerschnitten. Die geschnetzelten Rüben schmecken ganz süß, wie einige selbst probierten.

Der Zucker wird langsam mit Wasser aus den Rüben gespült, wobei ein trüber, süßer Rohsaft entsteht. Die Nichtzuckerstoffe werden mit Kalk gebunden und ausgefiltert. Der entstandene Dünnsaft wird bei Unterdruck zu Dicksaft eingedampft, mit einem Zuckeranteil von 75%! Dieser kann je nach Produktionsmenge auch bis ins nächste Frühjahr eingelagert werden. Wichtig ist, dass diese Flüssigkeit nicht zu heiß gekocht wird, sonst würde der Zucker karamellisieren. Wobei nicht zu heiß immer noch 60-85° sind, so dass uns hier gut warm wurde, als wir vor den riesigen Kesseln standen. Beim Probieren schmeckte es jetzt auch schon eher nach dem bekannten Endprodukt. Der Dicksaft wird mit Impfkristallen zum Kristallisieren gebracht, das heißt, die Zuckerkörner beginnen zu wachsen. Die Körner werden mit Zentrifugen vom Wasser getrennt und getrocknet. Der fertige Zucker geht zur Weiterverarbeitung oder Veredlung in alle Welt.

Klingt erstmal kompliziert, ist es auch, aber obwohl wir uns auf dem Gelände die Füße plattgelaufen haben, wird das alles aus einem einzigen Büro gesteuert! Hier sitzen etwa zehn Mann vor ihren Monitoren und beobachten Zuflüsse, Konzentrationen und Temperaturanzeigen. (Und wenn alles grün ist, dann sitzen die da auch wirklich nur und gucken!) Der eigentliche Prozess läuft vollautomatisch.

Die beliefernden Bauern werden übrigens extra von hier aus beraten, welche Saat für ihren Boden geeignet ist und bekommen Empfehlungen zur Düngung. Gleichzeitig wird im eigenen Labor eine Probe jeder Lieferung gezogen und kontrolliert. Anhand des ermittelten Zuckergehaltes der Rüben erhalten die Landwirte eine Prämie für besonders gute Ernten.

Auch umwelttechnisch glänzt der Standort. Alle Neben- und Abfallprodukte werden in Jülich sinnvoll weiterverwendet. Das eigene Kraftwerk wird unterstützt von der eigenen Biogasanlage. Die Rübenreste werden zu Viehfutter aufbereitet, die Melasse geht teils an die Alkohol- oder Hefeherstellung und alles Wasser wird in der eigenen Kläranlage wiederaufbereitet und recycelt.

Hier sind also alle Kriterien einer modernen Produktion live im Einsatz zu sehen gewesen.

 

Nachmittags standen wir mit leicht klebrigen Schuhen wieder auf dem Parkplatz und freuten uns auf die Ferien. Eine gute Gelegenheit, um die Rezeptheftchen, die wir mitgenommen haben, mal durchzugehen…. Von diesem Ausflug bleibt garantiert was kleben.

Anna Röder,  Auszubildende der Klasse 139

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